aus: (Zw)ei(n)sam
Ein märchenhaftes Palindrom vom Verstehen und Vergeben
Der junge Mann wanderte weiter und dachte noch oft an seinen Engel zurück. Sie war die tollste Frau, die er seit langem getroffen hatte – denn er wusste durchaus, dass er vorher schon anderen Frauen begegnet war, natürlich nur nicht in seinem Keller. Wie er so dahinwanderte und sich zu ihr zurücksehnte, da er den Glauben an die Sonne langsam aufgab, machte der Gang einen Knick und der junge Mann stand vor der größten Kammer, die er je gesehen hatte. Von hier aus gab es nur noch den Weg zurück. Das wunderte den jungen Mann, denn irgendwie musste es doch weitergehen.
(Zw)ein(n)sam – Der Bäckermeister.mp3
„Hallo junger Mann“, grüßte ihn ein älterer Herr, der zufrieden einen Mehlteig über einen Tisch knetete.
„Hallo. Wer bist du?“
„Ich bin ein Bäckermeister. Ich backe Brot tagein, tagaus. Du kannst dich setzen und mir eine Weile zuschauen.“
Der junge Mann wusste nicht, wofür das gut sein sollte, aber er war inzwischen sehr müde und nahm das Angebot dankend an.
„Bin ich das erste Mal hier?“, fragte er, als er sich auf einem gemütlichen Sofa niedergelassen hatte.
„Das kann ich dir nicht sagen. Ich kann dir nur sagen, was ich gelernt habe. Wenn ich unzufrieden bin, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich schon mindestens einmal zuvor an diesem Ort war.“
„Und bist du unzufrieden?“
„Nein, mittlerweile nicht mehr. Ich habe alles getan, was ich tun konnte und tue alles, was ich tun kann. Damit bin ich zufrieden und warte einfach weiter.“
„Worauf wartest du denn?“, wollte der junge Mann wissen.
„Auf Vergebung“, antwortete der Bäckermeister. „Ich bin nicht ohne Grund hier im Keller, aber ich kann nicht mehr tun als tagein, tagaus zu backen und darauf zu warten, dass mir auch etwas Schönes gebacken wird. Aber ich bin zufrieden, denn ich habe alles getan. Ich habe eine Brücke gebaut und nun tue ich alles, was mir zugestanden wird. Ich werde immer zufrieden sein.“
Der junge Mann wollte noch fragen, wer ihm denn vergeben müsse, da waren ihm schon die Schuhe des alten Herrn in die Augen gestochen.
„Mit genügend Luft zum Atmen“, bemerkte der Bäcker den Blick auf seine Sandalen. „Wenn du alt bist, gibt es nur noch wenige Lebensgrundsätze, auf das sich dein gutes Leben reduziert haben wird. Daher reicht der Riemen, um die Schuhe zusammenzuhalten.“
Bestimmt haben sie ein besonders beeindruckendes Profil, dachte der junge Mann noch und schon im nächsten Moment war er eingeschlafen.
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