aus: (Zw)ei(n)sam
Ein märchenhaftes Palindrom vom Verstehen und Vergeben
Der junge Mann folgte weiter dem Gang. Ich bin wieder ganz alleine hier, stellte er fest, denn auch die nächsten Zellen waren alle verlassen. Da aber hörte er aus einiger Entfernung Geräusche, als spiele jemand Musik auf einem Keyboard. Zwar erklangen keine Töne, aber den Tastendrucken nach war es ein Stück voller Wut und Verzweiflung.
Der junge Mann konnte sich vorstellen, wie sich die Melodie anhörte, denn er hatte selbst einmal Musik gespielt (was für das weitere Märchen nicht von Relevanz sein wird, aber zeigen soll, dass der junge Mann diese Vorstellungskraft besitzt, die nicht unbedingt alle jungen Männer – oder Menschen im Allgemeinen – besitzen). Als der junge Mann also an die Zelle trat, sah er dort einen Mann im Anzug, der gebückt vor einem Monitor saß und energisch auf den Tasten eines Keyboards herumklimmperte.
„Hallo!“, sagte der junge Mann.
„Keine Zeit!“, war die prompte Reaktion.
„Wie spät ist es denn?“ fragte der junge Mann, denn er hatte die Zeit längst vergessen.
„Mir egal!“ war die nächste patzige Antwort.
„Was machst du da überhaupt?“
„Mich beschweren!“, antwortete der Nörgler und zog ein Handy aus seiner Tasche.
„Worüber?“, fragte der junge Mann.
„Über alles!“
„Über alles?“
„Ja, wie schlecht hier alles ist, wie langweilig es ist und jetzt kommen auch noch Leute wie du, die mir auf die Nerven gehen.“
„Warum kommst du nicht mit mir?“, fragte der junge Mann. „Das könnte spannend werden. Ich will zur Sonne. Die Tür steht offen.“
„Soll das ein Witz sein?“ Entrüstet sprang der Nörgler von seinem Platz auf und hämmerte eine Nummer in sein Handy. „Ich habe doch schon gesagt, dass ich keine Zeit habe. Ich muss mich erst noch über alles beschweren.“
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