Kuniberts Liebeserklärung an die NHL
Der Lockout war endlich vorbei, Kunibert war nur noch einen Mausklick von seinem Saisonticket entfernt. Er hatte gedacht, stur zu bleiben und nie wieder einen Fuß hierherzusetzen, aber er liebte das Spiel wie kein anderes. Er mochte auch die runden Bälle, die aus Leder, die aus Filz, die, die auf Gras sprangen und die, die das gleiche auf Sand taten. Doch nichts war besser als die schwarze Hartgummischeibe, wie sie nahezu geräuschlos über das Eis glitt, das gebogene Schlägerholz zum Klackern brachte, wenn sie hin- und hergeschoben wurde oder den Zuschauern einen Schrecken einjagte, wenn sie direkt vor ihnen gegen die Bande knallte. Und nichts ging darüber, wenn sie sich zappelnd im Tornetz verfing oder die aufgesprungenen Zuschauer mit offenem Mund inne hielten, weil sie sekundenbruchteile zuvor doch noch von der Linie gekratzt worden war.
Streit, Stille und Entzug
Alles war auf Kosten des Spiels gegangen, dachte Kunibert. Er hatte nicht verstehen können, warum sie nicht früher miteinander gesprochen hatten, warum es so weit hatte kommen müssen. Wenn ein Arbeitgeber seine Angestellten aussperrt, ist dies im Tarifstreit das letzte Druckmittel. Wenn die NHL, die populärste Eishockey-Liga der Welt, das tut, bedeutet es den Lockout: Die Saison ist ausgesetzt, Spieler suchen sich Beschäftigung bei unterklassigen Teams, Zambonifahrer werden beurlaubt und doof grinsende Teammaskottchen stehen überall auf der Straße. In jedem Fall bedeutet der Lockout Streit, Stille und Entzug.
Kunibert hatte wie die anderen treuen NHL-Fans vor der schwarzen Röhre gesessen und war sauer und enttäuscht gewesen. Denn er liebte das Spiel wie kein anderes. Er liebte, wie die Kufen über das Eis kratzten, wenn die Spieler mit großen Schritten Tempo aufnahmen, wie sie das Plexiglas zum Zittern brachten, wenn sie im Paarflug hineinkrachten oder sich athletisch verrenkten, um auf dem Weg zum Tor den anrauschenden Gegenspielern auszuweichen.
Annäherung und Distanz
Manchmal gibt es nur eine Möglichkeit, die unerträgliche Wartezeit zu beschleunigen: Sie hinzunehmen. Und Kunibert hatte sie ausgehalten. Er hatte gelauscht, wie sich die Parteien Millimeter für Millimeter angenähert und wieder voneinander entfernt hatten, nur um die Prozedur wieder von vorne zu beginnen. Und nun wollte er seine Stimme erheben, er wollte sauer sein, sie bestrafen für die Respektlosigkeit vor seinem geliebten Spiel und für die harte Zeit der Entbehrung.
Wer liebt, dachte er, verzeiht, oder auch umgekehrt. Jedenfalls liebte er das Spiel wie kein anderes. Die faszinierenden Heldengeschichten, für die er sich manche Nacht um die Ohren geschlagen hatte, die vertrauten englischsprachigen Kommentare, die jede gelungene Aktion enthusiastisch feierten und die brillanten Highlight-Videos des kanadischen Fernsehens, die alles stimmungsvoll zusammenfassten, was dieses einzigartige Spiel bereithielt.
Nur ein Mausklick
Kunibert, dachte er sich, da er nur noch einen Mausklick von seinem Saisonticket entfernt war, Kunibert, wer hatte überhaupt das Recht, darüber zu urteilen. Die Standpunkte der Streitenden waren nur durch die Medien transportiert, die Schuld für den Lockout mal hier, mal dort gesucht worden. Aber am Ende hatten sie sich geeinigt, und das war wichtig. Jetzt, da der Lockout vorbei war, dachte Kunibert, sperrte er sich nur noch selbst aus. Und er liebte das Spiel wie kein anderes.