Kommen die großen Erfolge ohne die kleinen? Sterben wir gemeinsam, zu zweit oder allein? Wird Hans-Joseph Günther morgen seine Traumfrau erobern oder es schon beim ersten Date verkacken? Sind dies Fragen, die uns interessieren, interessieren sollten oder ist es am Ende sowieso der gleiche Brei, aus dem alles genährt wird und der es deshalb ist, weil wir uns laufend übergeben und nicht in der Lage sind, uns aus diesem Kreislauf zu befreien?
Fragen über Fragen und es waren genau jene, die Hans-Joseph abends vor dem Fernsehen durch den Kopf gingen, wenn er längst nicht mehr in sich selbst war, sich statt dessen aus der Vogelperspektive betrachtete und überlegte, wo das alles noch hinführen mochte. Wo wurden die Weichen gestellt und wo hatten seine über ihre Richtung entschieden? War er der Weichensteller oder jemand anders, und stand er nur im Führerhaus des Zuges und raste einem Ziel entgegen? Und welchem Ziel überhaupt?
Ins Bett gehen, flüsterte eine Stimme, doch Hans-Joseph rührte sich nicht. Gebannt starrte er auf schlanke Körper, die sich über den Bildschirm legten. Musikvideos, eine Talkshow, Gewinnspiele und Werbeunterbrechungen. Hans-Joseph wusste längst nicht mehr, was er dort überhaupt schaute. Ins Bett gehen, sagte wieder diese Stimme. Morgen ist ein wichtiger Tag, schon vergessen…
Den Schein aufrechterhalten, nichts anmerken lassen, den Job machen, abends dann ins Restaurant. Sie hatte es ausgesucht, aber von Traumfrau konnte keine Rede sein. Mehr oder weniger hatte sie ihn gestoßen. Er fuhr nur mit in ihrem Zug auf ihren Gleisen. Sicher wollte sie etwas über seinen wissen wollen, doch das war nicht nötig, befand Hans-Joseph. Die Ausstattung, das Personal, das alles war wenig einladend und von einem Ziel war nichts bekannt. Mit so einem Zug würde sicher niemand reisen wollen.
Nun geh doch schon ins Bett, hörte Hans-Joseph wieder, doch hatte er nicht einmal die Kraft auf seine Uhr zu schauen oder mit der Fernbedienung den Videotext für selbige aufzurufen. Das alles würde er ihr nicht erzählen können, sie würde sicher sofort Reißaus nehmen. Sterben wir gemeinsam oder allein, fragte er sich und stellte diese Weiche.
Keine Pillen mehr, dachte er sich und verbuchte dies als seinen ersten großen Erfolg. Sie sollten ihn vor einer großen Dummheit bewahren, bewahrten ihn aber auch vor dem Rest des Lebens. Es sind die kleinen Erfolge, die die großen sind, mochte er eines Tages feststellen, und hatte auch den Fernseher ausgeschaltet und sich auf den Weg in Richtung Schlafzimmer gemacht.
Das nächste Ziel ist immer das nächste, und der Bahnhof war kein schlechter, warm und gemütlich. Das Abteil würde er ihr vielleicht zeigen können. Ja, Marlie war schon ganz nett, da teilte er in Gedanken schon sein Bett. Morgen würde wieder ein Tag sein, und er war zu mancher Dummheit bereit, doch alleine sterben, das wollte Hans-Joseph nicht mehr. Sein Ziel war nun ein neues, und Pillen brauchte er dafür keine.
Schreibe einen Kommentar