Inzwischen hatte Jordan einiges an Eiszeit gesehen und den einen oder anderen Shift bekommen, wie man es im Eishockey-Jargon zu sagen pflegte. Es stand weiter 0:0 und Pa Smith wühlte in seinem süßen Popcorn. Um ihn herum war es ruhig geworden. Die Energie schien die Zuschauerränge verlassen zu haben. Es wurde zunehmend unbedeutend, das dort unten auf dem Eis ein paar Spieler ihre Kreise drehten und um nicht mehr benötigte Punkte spielten. Sie wollte allerdings weiter ihre Kräfte messen.
Jordan sprang wieder aufs Eis. Natürlich wollte auch er die einmalige Gelegenheit nutzen und sich seinem Trainer beweisen. Schließlich standen noch einige Saisonspiele an, und es gab auch immer eine nächste Saison, für die es sich in den Kader zu spielen galt – vorausgesetzt man hieß nicht Tyler Gravis und trug das “C” auf der Brust.
Es gab wieder Bully vor dem eigenen Tor. Offenbar genoss Jordan bereits das Vertrauen, den eingeworfenen Puck für sie zu gewinnen. Musik hallte wieder durch die Arena, das Publikum tanzte und gröhlte. “Louder!!”, stand auf dem Videowürfel. “Louder!!” Der Jubel wurde noch frenetischer. Dann warf der Schiedsrichter den Puck ein, die Musik stoppte.
Getragen vom Jubel auf den Rängen entwickelte sich direkt ein Angriff. Jordan holte die Scheibe beim Einwurf, spielte sie nach hinten. Seinen beiden Außenstürmer, kleine flinke Spieler, stürmten direkt nach vorne. Der Verteidiger setzte zum Pass an, ein Gegnerischer Spieler stocherte mit seinem Schläger nach dem Puck und traf ihn dabei in der Magengegend. Sofort ging der Arm des Schiedsrichters nach oben.
Es würde eine Strafe geben, die aber erst ausgesprochen wurde, sobald das gegnerische Team auch den Puck eroberte. Der Verteidiger spielte noch den Pass auf einen der Außen und skatete dann mit offenbar schmerzverzerrtem Gesicht zur Bank. Auch der Torwart eilte ihm nach, denn wenn der Gegner den Puck berührte, würde sowieso abgepfiffen werden. Daher brachte man einen weiteren Feldspieler und das Tor blieb leer.
Der Außenstürmer war unterdessen ins gegnerische Drittel gestürmt und legte den Puck nun nach hinten zu einem Verteidiger ab. Das Publikum wurde lauter. Sie spielte jetzt mit sechs Feldspielern gegen fünf und den gegnerischen Torwart, also eine Art Powerplay. Jordan stand mit auf dem Eis, postierte sich vor dem gegnerischen Torwart, um ihm die Sicht zu nehmen.
Pa Smith’ Herz schlug schneller. Normalerweise war es den Spitzenspielern vorbehalten in der Überzahl-Situation aufs Eis zu gehen. Da sich nun die Strafe aber erst abzeichnete und noch nicht ausgesprochen war, durfte die vierte Reihe den Angriff zu Ende spielen.
Pa Smith rückte auf seinem stoffbezogenen Klappsitz nach vorne. Der Verteidiger spielte den Puck gerade quer auf den anderen Verteidiger, der tief hinters Tor zum Außenstürmer, der wieder zum Verteidiger. Es ging darum den gegnerischen Torwart in Bewegung zu halten und möglichst aus der Position zu bringen. Auch die Spieler mit ihren Raubkatzen auf dem Trikot konnten der Scheibe gerade nur hinterherlaufen.
Ein Verteidiger setzte zum Schuss an, der Torwart wehrte ab, der Puck prallte zur Seite weg. Jordan lief hinterher und gewann den Zweikampf gegen den Verteidiger. Er spielte den Puck wieder nach hinten. Bloß nicht zu hart, dachte Pa Smith. Ihr Tor war leer, und nur durch ein Eigentor könnten die Raubkatzen jetzt zum Erfolg gelangen. Denn der Schiedsrichter signalisierte mit gehobenem Arm weiter die Strafe. Würde die gegnerische Mannschaft den Puck berühren, würde er sofort abpfeifen. Doch dazu sollte es nicht kommen.
Jordan positionierte sich wieder vor dem Tor, die Verteidiger passten sich wieder die Scheibe zu. Einer holte aus, täuschte den Schuss an, passte schnell zurück. Der andere Verteidiger schoss, Jorand verdeckte dem Torwart die Sicht, der den Puck noch an seine Stockhand bekam, ihn aber nicht weit genug abwehren konnte.
Sofort drehte sich Jordan in Richtung des Pucks, Pa Smith erfasste die Energie, bevor sie das Stadion erfasste und aus den Sitzen riss. Ein weitere Stürmer stürzte hinzu, der Verteidiger war diesem Zweikampf unterlegen und Jordan schlug auf die Scheibe, die unter dem Torwart eine Lücke und über die Linie ihren Weg ins Tor fand.
Das Publikum jubelte, Jordan fand sich in der Traube seiner Mitspieler wieder. Pa Smith spürte eine Gänsehaut auf seinem Rücken, sie huschte nicht vorbei, sie blieb. Überall kribbelte es. Das Publikum johlte, sie wussten, dass es sein erstes Tor war. Die Spieler fuhren zur Bank, Jordan klatschte alle auf der Bank ab. Tyler Gravis stand noch auf dem Eis und diskutierte mit den Schiedsrichtern. Er bekam schließlich den Puck an sich, fuhr zur Bank und überreichte ihn Jordan.
Der Lärmpegel wuchs weiter, Pa Smith blickte zum Videowürfel und da sah er diesen Mann, der sich jetzt die Brille abnahm und über die Augen wischte. Pa Smith wendete sich von seinem Spiegel ab. Um ihn herum das Getose, Jordan saß auf der Bank, der gleiche konzentrierte Blick wie immer, als habe es in der Jugendmannschaft eines seiner zahlreichen Tore geschossen. Pa Smith griff in sein Popcorn. Es hatte sich eine salzige Note beigemischt.
Später in einem Interview würde Pa Smith sagen, seine Tränen seien ihm für seine Familie peinlich, aber es war definitiv ein “happy cry”.
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