Mittlerweile waren mehr als sechs Minuten gespielt, und Jordan war immer noch nicht auf dem Eis gewesen. Pa Smith zählte durch. Auf der Bank saßen 18 Spieler und ein Ersatztorwart. Zwei der sechs Verteidiger wechselten sich jeweils ab, während gleichzeitig immer drei Stürmer mit aufs Eis gingen. Bei also zwölf Stürmern ergaben sich so vier Sturmreihen.
Es war offensichtlich, das Jordan in der vierten, also der letzten der Sturmreihen spielte. Die kam für gewöhnlich kaum zum Einsatz, meist dann wenn die ersten drei Reihen, und besonders die ersten beiden sich der Erschöpfung näherten. Pa Smith strich sich über sein weißes Haar. Jordan gehörte in die erste, wenigstens in die zweite Reihe. Na ja, wenn er ehrlich war, nicht einmal in die Dritte. Es war Jordans erstes Spiel und er konnte froh sein, überhaupt dabei sein zu können.
Wieder gab es eine Unterbrechung. Das Gästeteam aus Florida mit den Raubkatzen auf dem Trikot hatte den Puck auf unerlaubte Weise aus der eigenen Hälfte in Richtung gegnerisches Drittel gespielt, ohne das ein Mitspieler ihn hatte erreichen können. Pa Smith blickte auf den Videowürfel. 08:30 waren gespielt, bei den Torschüssen stand es 3:2 für ihr Team. Nach Toren 0:0. Diese Mietzekätzchen aus dem Sunshine State waren auch schon mal besser gewesen. Na ja, eigentlich kaum. In letzter Zeit begegneten sich die beiden Teams höchstens auf mittlerem Niveau.
Pa Smith griff in sein Popcorn – süß, so wie er es sich gewünscht hatte. Ihr Team fuhr noch einmal zum Wechsel der Reihen. Die erste Verteidigungsreihe mit ihrem Captain Tyler Gravis kam aufs Eis. Dann tippte der Trainer, ein junger, hagerer Typ, der erst in seiner zweiten und womöglich letzten Saison hinter der Bande stand, Jordan von hinten auf die Schulter. Jordan sprang über die Bande.
Pa Smith spürte wie sein Herz schneller schlug, Jordan stellte sich im gegnerischen Drittel zum Bully, den Puckeinwurf durch den Schiedsrichter auf. Musik hallte aus den Boxen, ein Kameramann ging durch die Zuschauerreihen und filmte jene Fans, die besonders auffällig verkleidet waren oder ausgefallen tanzten. Gerade war ein kleiner Junge auf dem Videowürfel zu sehen, der zum Bass in die Luft sprang und seine Arme abwechselnd nach oben streckte.
Das Publikum beklatschte den tanzenden Jungen, Pa Smith hatte nur Augen für Jordan. Der hatte sich breitbeinig vor seinem Gegenspieler aufgebaut und drückte seinen Schlägerkopf aufs Eis. Der Raubkatzen-Spieler tat das gleiche, nur der Schiedsrichter stand mit dem Puck bei ihnen, alle anderen Spieler um sie herum. Der Lärmpegel in der Arena stieg weiter an, die Leute um Pa Smith schauten auf den Videowürfel und johlten, feuerten den Jungen an. Pa Smith las ihren Namen auf dem Trikotrücken: Smith. Dann ein Pfiff, die Musik ging aus, Stille.
Der Schiedsrichter machte eine Handbewegung, der Puck klatschte aufs Eis. Jordan und sein Gegenspieler stürzten nach vorne, rangelten kurz mit ihren Schlägern nach der schwarzen Hartgummischeibe. Das Aufeinanderprallen ihrer Carbonstöcke war bis in die oberen Zuschauerränge zu hören. Jordan gelang es den Puck nach hinten zu einem Verteidiger zu spitzeln, der holte direkt aus und sein Schuss landete krachend hinter dem Tor an der Bande. Ein gegnerischer Verteidiger rannte der Scheibe nach, Jordan folgte ihm.
Pass auf, Junge, dachte Pa Smith, aber auch, jetzt hast du ihn! Jordan legte seinen linken Arm an, und während der Verteidiger noch den Puck von hinter dem Tor zu einem Mitspieler weiterschob, krachte Jordan auch schon in ihn hinein. Das Plexiglas hinter ihnen wackelte, einige Zuschauer sprangen aus den Sitzen. Direkt war wieder die Energie im Stadion spürbar, und egal, ob sie die Playoffs verpassen würden, heute könnten sie gewinnen. Wenigstens gegen diese Schönwetterteam aus dem Süden.
Der gegnerische Spieler rückte sich seinen Helm zurecht, warf Jordan noch einen Blick zu. Pa Smith schlug das Herz noch schneller. Die ersten Sekunden auf dem Eis, das Bully gewonnen und dann der Check. Mochte ihn das Publikum auch immerhin schon ein wenig? Die nächsten Sekunden passierte nicht mehr viel auf dem Eis, dann fuhr Jordan wieder zum Wechsel. Das Spiel lief weiter, jeder schaute darauf. Nur Pa Smith linste noch einmal zur Bank, gerade gab Tyler Gravis, der Mann mit dem “C” auf der Brust, Jordan mit seinem Handschuh einen Klapps.
(to be continued…)
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