aus: (Zw)ei(n)sam
Ein märchenhaftes Palindrom vom Verstehen und Vergeben
Die junge Königin wollte endlich wieder ihren Pflichten nachkommen und dazu gehörte es natürlich über Recht und Unrecht in ihrem Königreich zu urteilen. Jede kleine Verfehlung war in der Vergangenheit hart bestraft worden, denn ihre Mutter war eine strenge Herrscherin gewesen. Ob in der Stadt überhaupt noch jemand lebt, fragte sich die junge Königin und wurde über den Gedanken sehr viel unglücklicher als über ihr eigenes Schicksal. Wie viele Gefangene wohl in meinem Kerker sitzen, fragte sie sich als Nächstes und eilte schleunigst in ihren Regierungsraum.
(Zw)ei(n)sam – Der Trinker.mp3
Es war ein moderner Regierungsraum mit einem großen Fernsehmonitor an der Wand. Auf diesem musste sie sich die gesamten Verfehlungen der Gefangenen noch einmal anschauen, denn so konnte sie nicht vorschnell handeln und jemanden aus einer Laune heraus einfach entlassen. Sogleich ließ sie sich auf ihrem Thron nieder und schaute sich den ersten Film an. Viel bekam sie nicht zu sehen, denn die Bilder zeigten nur einen Mann, der in einem Gasthaus ein Bier nach dem anderen in sich hineinkippte, schlechte Witze erzählte und am nächsten Morgen mies gelaunt aufwachte. Das soll ein Verbrechen sein, fragte sich die junge Königin und ließ den Gefangenen zu sich rufen.
„Du kennst das richtige Maß nicht“, sagte sie zu dem Trinker. „Versuche deine Grenzen herauszufinden. Akzeptiere sie, wenn es dir nicht möglich ist, sie zu erweitern. Und ich meine damit nicht deine Trinkgewohnheiten.“
„Prost.“ Der Trinker nickte und ging zurück in die Stadt.
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