“Im Fußball kann grundsätzlich jeder jeden schlagen.” Außer die Bayern, und vielleicht Barcelona oder Real Madrid – und schon gar nicht, wenn man das Wort grundsätzlich weglässt. Grundsätzlich ist alles möglich, ungrundsätzlich wird es dann zu so einer Sache. Stelle sich einer vor, jemand würde behaupten der heimatliche Kreisklassenverein könne die Bayern schlagen – also nur theoretisch. So jemand würde doch nicht mehr ernst genommen werden, auch nicht als Experte im Fernsehen. Allein das Wörtchen grundsätzlich ändert alles. “Grundsätzlich kann der MTV Hennigsen die Bayern schlagen.” Das ist sicher richtig.
Denn grundsätzlich kann auch jeder Mensch eine Million im Lotto gewinnen, ein Haus am Meer bauen oder mit dem Auto um die halbe Erdkugel touren. Ungrundsätzlich werden nur wenige Menschen durch das bloße Ankreuzen einiger Zahlen zu einer Million gelangen, was die Idee mit dem Haus am Meer nicht gerade leichter gestaltet. Bleiben also nur das Auto und die halbe Erdkugel, was grundsätzlich ebenso möglich, aber irgendwie auch blöd ist, denn warum sollte man in der Mitte stehen bleiben, wenn man bereits so weit gefahren ist? Grundsätzlich ist das sicher möglich, schlauer wäre es natürlich weiterzufahren und die ganze Erdkugel zu umrunden. Dann käme man auch pünktlich zum Abendbrot nach Hause und könnte sich auf Mutts’s Küche freuen. Und grundsätzlich würde man das natürlich tun, solange nicht gerade ein Steckrübeneintopf oder Schwarzwurzel-Gratin auf der Herdplatte brutzeln würden.
So ist es also mit der Grundsätzlichkeit und ihren Aussagen. “Grundsätzlich bin ein zufriedener Mensch”, könnte ich behaupten und verschweigen, dass im Leben ständig Unwegbarkeiten auf mich lauern, die es mir vermiesen und mutwillig von meiner eigenen Zufriedenheit ablenken wollen. Grundsätzlich meinen sie es sogar gut, diese Unwegbarkeiten, und wollen mich doch nur vielmehr auf meine grundsätzliche Unzufriedenheit hinweisen, die es täglich, ja stündlich und vor allem grundsätzlich und ein für alle Mal auszumerzen gilt. Denn grundsätzliche Unzufriedenheit ist das Schlimmste. Am besten lässt man sie in Ruhe und legt sich nicht mit ihr an. Soll sie halt machen. Man gibt ihr einfach solange recht wie grundsätzlich unzufrieden man doch sei bis sie irgendwann von alleine wieder geht. Meistens geht das dann überraschend schnell und man braucht nicht einmal viel dafür – weder also Zeit noch andere exklusive Güter.
“Froh zu sein bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König”, könnte demnach die weitere Botschaft des heutigen Tages lauten und das ist grundsätzlich genauso richtig wie jemand König ist, der sagen kann: “Ungrundsätzlich bin ich voll zufrieden.” Zwar wird es nicht lange dauern, bis jemand und sei es nur die eigenen Unzufriedenheit aus der Ecke gekrochen kommt und fragen wird: “Und grundsätzlich?” “Grundsätzlich”, ist die Antwort nun ganz einfach. “Grundsätzlich sowieso, denn grundsätzlich kann jeder jeden schlagen. Auch der MTV Hennigsen die Bayern.”
(Schreibübung automatisches Schreiben: der erste Satz entstammt dem großartigen Buch “Überleben beim Fußball – Expeditionen am Ball” von Oliver Uschmann)
Andre meint
Sehr interessanter Artikel. Trifft den Nagel auf den Kopf!
janmikael meint
Danke, Mann.