Museumstage und the big five for life
„Ist heute ein guter Musemstag?“ Ein älterer Herr fragt das einen anderen Mann morgens am Bahnhof und lässt ihn dann verdutzt stehen. Das ist der Beginn von „The big five for life“ von Autorennamen, den ich mal wieder vergessen habe und recherchieren muss. In dem Buch geht es wie so oft darum, was im Leben wichtig ist und hier sind es die Museumstage und na klar, die big five for life: Fünf Herzenswünsche, die man sich bis zu seinem Lebensende erfüllen möchte.
Ohne nun alles vorwegzunehmen, sei noch gesagt, dass die fünf Anfangsbuchstaben der Wünsche ein neue Wort ergeben, und welches Wort es bei mir geworden ist, könnt ihr unschwer dem Text entnehmen. „Treue ist ein schönes Wort“, meinte meine große-kleine Schwester dazu (und ich gehe davon aus, dass ich sie zitieren darf, denn sie hat recht). „Aber es ist auch hart.“ Es klinge nach Entbehrung und Strenge gegenüber sich selbst und anderen. Darüber musste ich länger nachdenken und noch mal: Sie hat recht. Treue hat zwei Seiten und ich habe überlegt, ein neues Wort zu suchen, aber es lässt sich nicht ändern. Es sind meine big five for life.
Doch was genau soll Treue überhaupt sein, wo fängt sie an und wem gegenüber? Seinem Gewissen zu folgen, seinen Wünschen oder der Schnittmenge, weil beides manchmal im Widerspruch steht? Ist es Wahrheit, Authentizität oder der Ordnung einer bestimmten Reihenfolge und vorgegebenen Geboten zu folgen? Wie stark ist dann die Einschränkung, wie groß ein Glücksgefühl, und wem gegenüber sollte man hart sein? Nur gegen sich oder auch andere?
Als ich eines Tages, in einer für mich nicht ganz leichten Zeit überlegte, meinen Job hinzuschmeißen, habe ich mich den Worten meines Chefs erinnert: „The grass is always green on the other side.“ Er hat recht, aber stimmt es immer? Muss man nicht manchmal auf die andere Seite? Wenigstens um es auszuprobieren, denn das Probieren hat mich diesmal davor bewahrt, wegzulaufen und den ganzen großen Teil, den ich schätze, nach fast zehn Jahren einfach wegzuwerfen.
Und nun, da dieser erste Sturm überstanden scheint, mache ich auf diesem Weg und in meinem Job einfach weiter? Laufe ich nun im Hamsterrad und ist das im Einklang mit meinem Weg als Autor möglich? Wahrscheinlich bin ich mir in Gedanken mal wieder voraus, denn ich stehe nicht an einer Wegzweigung. Sie wird kommen, und bis dahin sollte ich Ruhe bewahren und dem gegenwärtigen Tempo folgen. Möglicherweise hat auch das schon etwas mit Treue zu tun.
Vielleicht hat es auch damit etwas zu tun, dass man die Dinge tut, die man denkt und sich erträumt. Und ist es andersrum nicht auch konsequent, die Dinge, die man nicht tun würde, gar nicht weiterzuspinnen? Ist auch das Treue oder beraube ich mich damit einer Fantasie und Tagträumerei, die ich am Ende doch noch wahrzumachen gedenken könnte?
Manchmal frage ich mich, ob ich mir dann treu oder eher nicht ganz dicht bin. Erst recht, wenn jemand anders die Bedeutung von etwas, das mir wichtig ist, nicht verstehen kann. Es sollte dann aber nichts an der Bedeutung ändern, die sie für mich hat, wenngleich ich sie dann sicher überdenken sollte. Denn ist es statt treu nicht blödsinning und stur einen von vornherein festgelegten Weg ohne erneutes Hinterfragen zu folgen?
Was dabei richtig und falsch ist, frage ich mich und manchmal ist das eine nicht so leicht von dem anderen zu unterscheiden, denn Fehler gehören zum Weg, wie die Irrpfade, denen ich fälschlicherweise folge oder gefolgt bin. Manchmal liegt eine Verlockung im Verborgenen, manchmal ist es eine schöne Lichtung, die zum Verweilen einlädt. Meine Fehler helfen mir nicht unbedingt, das eine vom anderen zu unterscheiden, aber es sind meine Wegbegleiter und sie geben mir ein Gefühl dafür, welches Ziel ich nähre, wenn ich einen bestimmten Pfad betrete. Und umso aufmerksamer ich bin, desto schneller kann ich einen Irrtum bemerken, zurückgehen und wieder meinen Weg folgen.
Es ist auch mein Gewissen, das mich teilweise vor Schritten warnt und mir ein schlechtes Gefühl gibt und mich zur Umkehr zwingt, wenn ich trotzdem weitergehe oder weitergegangen bin. Manchmal ist es auch die Angst und nur durch Fehler kann ich lernen, das eine vom anderen Gefühl zu unterscheiden – denn gerne manipulieren sie sich gegenseitig und schicken den anderen vor, um mich von etwas abzubringen.
Nun frage ich mich, ob es überhaupt so ist, dass ich eine Wahl habe. Nenn es Treue, nenn es Vorbestimmung, es führt mich immer wieder auf den Weg, den ich gehen will. Wie er sich schlängelt und wie er weitergeht, kann ich nie genau wissen. Da hilft es nur dem richtigen Gefühl zu vertrauen und den Wegbegleitern, die mir begegnen. Auch die Selbstachtung gehört dazu, denn sie ergibt sich für mich daraus, die Dinge getan zu haben, die ich zu einer bestimmten Zeit mit einer gewissen Erfahrung tun konnte. Und wenn ich es besser kann und eine zweite Chance verdiene, führt mich eine Schleife wieder zurück auf den schon einmal gegangenen Part.
Gerade habe ich ein Deja-vú, denn ich frage mich, wie konsequent, man einen Weg gehen kann und sollte. „Wenn du zweifelst, findest du den Weg nicht“, heißt ein Sprichwort, das auf einem meiner Teebeutel stand. So fordern mich die Zweifel immer wieder heraus, ihnen zu beweisen, wie wichtig es mir wirklich ist, meinen Weg zu gehen. Und wenn ich zwischendurch auf einer schönen Lichtung lande und auf den Weg zurückschaue, bin ich oftmals überrascht, wo ich schon überall lang gegangen bin. Und wahrscheinlich sind genau diese Lichtungen, die auf meinem Weg liegen und zum Genießen einladen, einige der Museumstage, von denen der ältere Herr am Bahnhof spricht.
So oder so, meine große-kleine Schwester hat recht. Denn schon alleine über die Treue nachzudenken und sie zu greifen, kann hart sein. Nur am Ende ist es wie immer und da ist das Wort Treue wie jedes andere, für mich aber nicht zu tauschen: Sich selbst zu finden, bei dem gut und richtig zu fühlen, was man tut, vielleicht nicht immer getan hat, aber sich nahe und auf dem Weg zu bleiben, den man sich vorstellt und wünscht. Treue ist ein Ja – ein Ja zu sich selbst und dem eigenen, guten Weg.
P.S.
Der vergessene Autor heißt John P. Strelecky
Celina meint
Ich denke, der Aspekt, sich gut und richtig zu fühlen, bei dem was man tut, ist das Einzige, worauf wir uns richtig verlassen sollten. Viele Gedanken kreisen in bestimmten Situationen und bringen uns in ein Karussell, aus dem wir dann oft nur schwer ausbrechen können. Wichtig ist dieses wohl- warme Gefühl im Bauch bei Entscheidungen, die wir treffen. Welcher Gedanke mir dabei auch noch kommt ist das Gefühl des “Risikos”.. aber manchmal muss man halt ein Risiko eingehen und darf sich nicht allzusehr von seinen Gewohnheiten leiten lassen. Diese “Was wäre wenn- Gedanken” sind manchmal einfach kontraproduktiv. Objektiv im klaren über die Dinge sein, aber die Gedanken nicht zu weit spinnen ist für mich ein wichtiger Leitfaden geworden. Dabei aber Ruhe bewahren und dem Tempo folgen..(so wie du schreibst)
Ich finde du hast viele gute und wichtige Aspekte angesprochen und im letzten Absatz gut zusammengefasst! Nahe dem Weg bleiben, den man sich vorstellt und wünscht! 🙂
janmikael meint
wohl-warmes Gefühl im Risiko… werde dran denken. Raus aus dem Karussell.
Ruhe & Tempo, gegenwärtig sein, alles eine Frage des richtigen Moments – nicht immer leicht.
danke Celina!!